The Original Tradition |
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DIE GANZHEIT DES LEBENS Einführung Wegen der allgemeinen Verwirrung ist es dringend nötig, daß wir unsere heutige Lage durchschauen. Nur dann werden wir im Stande sein einen Weg aus der Krise zu finden. Es ist wie beim Arzt. Erst braucht er/sie eine Befragung, dann eine Untersuchung, dann eine Diagnose um danach eine effektive Therapie durchführen zu können. Weil unsere sozio-kulturelle Situation einer terminalen Krankheit sehr nah kommt, werden die Fakten notwendigerweise schmerzhaft sein. Es ist jedoch die Bedingung um die Wirklichkeit realistisch einschätzen zu können. Ausgangspunkt ist die Religion als Grundlage unserer Kultur. Zentrale These ist, daß das Christentum sich nur durchsetzen konnte, weil es alle "Konkurrenten" im Laufe der Zeit ausgeschaltet hat und zwar mit Gewalt. Weil wir auf der Suche sind nach den Wurzeln unserer Zivilisation ist es außerordentlich wichtig zu wissen, welche andere Quellen ursprunglich vorhanden waren. Ist doch unser Problem unsere Ein-Dimensionalität. Gewiß ist viel neue Inspiration aus dem Osten herübergekommen. Wesentlich jedoch ist "seinen eigenen Leidensweg" aufzuklären, wieder Kontakt mit den eigenen Quellen zu bekommen um so ein Heilungsprozeß im Gange setzen zu können. Die Große Mutter Die erste Religion mit der sich das Christentum auseinandersetzte war die Große Mutter(Göttin)Tradition. Seit prähistorischen Zeiten wurde das Letztendliche als eine kosmische Gebärmutter vorgestellt. Andere Vorstellungen waren das Nichts, die Leere, der Abgrund, die Dunkelheit, die Nacht und das Meer. Alles wurde aus Ihr geboren und kehrte in Sie zurück, auch das Göttliche - das Licht - kam aus Ihr hervor. Es gab also eine Hierarchie: die Mutter als das Letztendliche und "Gott" als Ihr Sohn (oder Tochter). Das frühe Patriarchat hat das alles geändert. Im Enuma Enlil, ein Babylonischer Text (etwa 1400 BCE), wird die Große Mutter (Tiamat) von Marduk, der erste Gott der sichselber als absoluter Autorität ausrief, vernichtet. Das war zugleich der Anfang der Verteufelung der Großen Mutter. Alle Ihre Aspekte, die bis dann Ihre lebensspendende Kraft symbolisiert hatten, wurden dagegen Aspekte des Bösen. Diese Entwicklung fing also in Babylonien an, setzte sich jedoch fort im Judaismus. Da "kämpfte" Yahweh gegen die Volksfrömmigkeit der Mehrzahl der Hebräer - inklusiv Könige wie Salomon - die die Große Göttin (Asherah/Astarte) anbeteten. Die Bibel kann durchaus als eine Berichterstattung dieses Kampfes aufgefaßt werden. Das rücksichtslose Vorgehen der Levitischen Priester gegen den Rest des Volkes kommt darin gut zum Ausdruck. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, daß der sogenannte Jüdische Monotheismus dem Volke mit Gewalt aufgezwungen worden ist. Zuerst wurde die Essenz der Mutter denunziiert. Deswegen wird in Genesis mit Grausen gesprochen vom ursprünglichen Nichts, Leere, Dunkelheit oder Chaos. Sie selber gebärt nicht mehr, sondern "Gott schuf die Welt aus dem Nichts". Gott hat so die Stelle der Großen Mutter eingenommen. Statt gebären - der natürliche Vorgang auf allen Ebenen des Universums - wird die Welt "geschaffen" durch das aussprechen eines "Wortes". Im ersten Fall sind wir wahrlich Kinder der Mutter, stehen also in einer intimen Beziehung zu einander (später vom Christentum imitiert: "Kinder Gottes"), während im zweiten Fall wir ein Produkt sind des göttlichen Schaffens*. Das "Wort" war schon lange ein Machtsinstrument des frühen Patriarchats geworden. Mit dem "Wort" wurden die illiteraten Menschen unterdrückt. In der Bibel nicht anders. Statt das Nichts als Urgrund anzuerkennen, wurde die Dunkelheit dem Licht gegenübergestellt. Das Licht sollte die Dunkelheit "überwinden". * Die Beziehung ist also zwischen Schöpfer und Geschaffenem, zu vergleichen mit einem Handwerksmann und seinem Werk. Ein Produkt zu sein zeugt ein Lebensgefühl der Entfremdung, eine Kluft zwischen Mensch und dem Ursprung. Es hat Konsequenzen bis in allen anderen Bereichen. Ist heutzutage nicht alles "ein Produkt" geworden? Das Christentum hat diesen Trend fortgesetzt. Christus als "Lichtträger", gekommen um uns vom Bösen zu erlösen. Das Nichts ist das Böse schlechthin. Zum Beispiel erkärte der "hl." Augustinus, daß Gott die Welt nicht umsonst aus dem Nichts geschaffen hatte. Das Nichts war deswegen die Antithese Gottes. Er transformierte das klassische "horror vacui" von Aristoteles in das Nicht-Sein - die Negation alles Seienden - das Teuflische an sich, wovon nur Gott uns - duch sein Sein - erlösen konnte. Aber auch andere Aspekte der Großen Mutter wurden bekämpft. Ihre Schlange - Symbol der fortwährenden Regeneration - wurde in die teuflische Schlange des Paradieses umgewandelt. Warum? Weil die Paradiesgeschichte zum letzten Mal Zeugnis davon ablegt, daß die Weisheit von der Mutter (Ihr Symbol, die Schlange) auf Frauen - Eva - übertragen wurde. Seitdem zieht die Angst vor dem Nichts als einen Roten Faden durch unsere Kultur. Konfrontation mit der Leere muß um jeden Preis durch ununterbrochene Aktivität bzw Ablenkung vermieden werden. "Müßiggang ist aller Laster Anfang". Es erklärt den zentralen Triebfeder unserer Kultur. Angst vor dem Nichts wird jedoch immer akuter. In einer Kultur, wo wir den Kontakt mit der (vielschichtigen) Wirklichkeit verloren haben - wir auf unser Selbst zurückggeworfen sind - wird uns das Dasein immer unheimlicher. Wir steuern individuell und kollektiv "auf das Nichts zu". Ist das nicht ironisch? Was wir unbedingt vermeiden wollten, das geschieht am Ende. Nun hängt uns Überleben davon ab, ob wir wie üblich das Nichts tatsächlich als sinnloses Ende betrachten, oder als der Urgrund - die kosmische Gebärmutter - des Universums in der alles Alte stirbt und aufs Neue geboren wird. Frühere Vorstellungen fokussieren sich auch auf den Drachen. Der Drache ist ein umgewandeltes Symbol der Ursprünglichen Mutter. Ungleich China, wo er die Manifestation der Urkraft ist, war er im Westen immer ein Monster, daß das Leben der Menschen zu vernichten suchte. Deswegen sind die größten Helden die der Drachenschläger wie S.Georg und S.Michael. Zugleich entwickelte sich eine Ikonographie des Teufels. Er wird oft als Ziegenbock vorgestellt. Er zieht es vor hauptsächlich Nachts - das Reich der Mutter - aktiv zu sein. Auch sein Vorkommen stammt aus älteren Zeiten, denn die Lieblingstiere der Göttin waren u.a. virile männliche Tiere. In den Fruchtbarkeitsriten verkörperten sie die Zeugungskraft. Das Christentum hat sich von allen Mitteln bedient um die Erinnerung an ihre Vorgeschichte zu vernichten. Nicht nur Gewalt und Unterdrückung, sondern auch Manipulation und Einverleibung. Als Kaiser Theodosius (5. Jahrhundert) die Artemisverehrung verbot, revoltierte das Volk und forderte die Rückkehr der Großen Göttin. Die Kirche hat keine Wahl und rief im Konzil von Ephese (431) Maria aus als "Muttergottes". Das war sehr diplomatisch, denn dieser Titel konnte zweierlei gedeutet werden. Die Fundamentalisten waren zufrieden, weil sie "Mutter Jesu" lesen konnten, während das Volk die neue Bezeichnung buchstäblich verstand. Selbstverständlich hat die Kirche es in keinerlei Weise gemeint, als wäre Maria die alte MutterGöttin. Erstere hatte keine transzendente Qualititäten. Es war eher eine Ablenkung. Es war dennoch ein Erfolg - denke an die Marienverehrung - den die Kirche letztendlich jedoch fertig machen wird. Denn die Rückkehr des "Ewig-Weiblichen" als das Letztendliche, kann wohl nicht mehr gestoppt werden. Das Göttliche Ein Institut, daß sich soviel Mühe gibt um "die Dunkelheit durch das Licht" zu besiegen, wird wohl sehr großzügig sein, um jede Gläubige an das Licht teilhaben zu lassen. Nichts ist jedoch weniger wahr. Seit Maria Magdalena, die wie bekannt "das All kannte", war alle spirituelle Verwirklichung verdächtig. Menschen, die die göttliche Funke in sichselber erkannten, hatten kein Bedürfnis sich einer Organisation zu unterwerfen, die nur Glaube verlangte. Wer einmal die Wirklichkeit gesehen hat, braucht die Regeln der Kirche nicht mehr. O, Ironie. Menschen mit Gotteserfahrung wurden die größte Bedrohung für die "junge Kirche". Hauptaufgabe der Religion war die inhärente Spiritualität zu unterdrücken.....Gottesglaube gegen Gotteserfahrung. Es sollte der Anfang werden der ersten großen Unterdrückungswelle, die gegen die Gnosis. Die hellenistische Welt war eine Mischung von unzähligen Glaubensrichtungen. Die Ursprünge lagen in Egypten und Mesopotamien. Der erste große Erleuchtete war der Pharao Echnaton. Seine Hymne an die Sonne ist unsterblich. Der andere Höhepunkt ist Hermes Trismegistos. Er hat verschiedene Traktate geschrieben, worin er die Gotteserfahrung beschreibt. Seine Mission war das Licht zu den Menschen zu bringen. Er hat ungeheuer viel Einfluß gehabt, u.a. auch auf Jesus und die christliche Tradition (Johannes). Inzwischen hatten sich auch die Mysterienschulen entwickelt. Bei ihnen stand das archaische "sterben und aufs Neue geboren werden" zentral. Die Eleusinische Schule war die bekannteste. Auch darf Pythagoras nicht vergessen werden. Er war zwanzig Jahre in Egypten und hatte die volle Erleuchtung erfahren. Seine Lehre hat eine große Verbreitung gehabt. Schließlich müssen auch Zeno, Plato und Plotinos genannt werden. Der Letztere schrieb die Enneaden, die Grundlage des Neu-platonismus. Inspiriert von dieser Hintergrund entwickelten sich die gnostischen Schulen. Wie oben schon erwähnt worden, stand bei ihnen die Gottesverwirklichung zentral. Sie hatten ursprüglich Jesus und Maria Magdalena als ihre Lehrer. In den gnostischen Texten können wir nachlesen, daß Jesus sagt: "Das Licht ist in euch" und "Werde wie ich". Keine Trennung also zwischen ihn und den anderen Menschen. Jeder kann das Königreich erwerben. Später differenziierten sich die Richtungen, wobei die Schule von Valentinus am einflußreichsten war. Der alten Muttertradition entsprechend, betrachtete er die Sexualität als heilig und einen Weg zur Gotteserfahrung.* Wichtige Unterschiede zwischen der Gnosis und die Kirche waren u.a. die Auffassung über die Gottesverwirklichung, Christus' Geburt, Gott der Vater oder/auch die Mutter, die kirchliche Hierarchie und das Leiden. Das Machtsstreben der Kirche verhinderte die weitere Entwicklung der Gnosis. Sie wurde (fast) vernichtet. * Sehr ähnlich zu den indischen Tantrapraktiken. In der Zeit danach (4.-10.Jahrhundert) - worin die Kirche sich der Unterdrückung des Heidentums widmete* - war die Gnosis in den Untergrund gegangen. Im frühen Mittelalter jedoch war sie - wie aus dem Nichts - plötzlich wieder da. Hauptsächlich durch den Einfluß des Neu-platonismus (Dionysios Aeropagita, John Scotus Eruigena) begannen sich allerhand Menschen und Bewegungen zu rühren. "Pantheistische Tendenzen" (Amalrik von Bena) tauchten auf. Manche wanderten herum mit selbsterklärter Gottesverwirklichung (Tanchelm). Es enstanden Gruppen (Brüder und Schwester des Freien Geistes), die sich organisiert zulegten auf das Ideal der Heiligkeit. Parallel daran entwickelten sich die Beginen und Begardenbewegung. Die Katharer waren sehr erfolgreich im verbreiten ihrer Lehre. Die Muttergottes in Form der Schwarzen Madonna (Symbol der ursprünglichen Großen Mutter) tauchte überall auf. Die Parzifallegende wurde geschrieben. Aber auch Mystiker innerhalb der Kirche rührten sich, u.a. Frauen wie Hadewych, Beatrijs von Nazareth, Birgitta von Schweden, Gertrud von Helfta und Hildegard von Bingen. Am bekanntesten waren wohl Ruusbroec, Eckhart, Tauler und Suso. Auch die Armutsbewegungen sollten jedoch nicht vergessen werden. * Sieh nächstes Kapitel. Die Kirche trat wie üblich mit äußerster Härte gegen alle auf, die eine abweichende Meinung vertraten. Inzwischen war nämlich die Inquisition gegründet worden. Sie hatte ein weitverbreitetes Netz von Spionen, das jeder der auch nur im Geringsten verdächtig war, anzeigte. Abertausende von Scheinprozessen wurden organisiert. Die Schuld stand von vornherein fest. "Heilige" wie Dominikus nahmen (sehr) aktiv teil. Die Endlösung gegen die Katharer wurde geplant und ausgeführt. Auch orthodoxe Mystiker waren ihrer Sache nicht sicher (Teresa von Avila). Sogar der Größte aller (Meister Eckhart) wurde verurteilt und ist bis heute nicht rehabilitiert worden. Giordano Bruno starb einen miserabelen Tod im Gefängnis (1600). Nicht zu vergessen sind auch die unzähligen Judenprogrome. Insgesamt dauerte die Inquisition viele Jahrhunderte und hat hunderttausende von Morden auf seinem Gewissen. Dieser unvorstellbarer Terror hat zur Folge gehabt, daß die spirituelle Emanzipation bis auf den Wurzeln ausgerottet wurde. Es blieb den Leuten nichts anders übrig, als zurückzufallen auf das einzige Gebiet, daß nicht von der Kirche kontrolliert wurde: das Ego.Also wandten sich die Menschen sich dem Materialismus zu. Auftrag der Religion sollte sein die Menschen zu Gott zu führen. Wenn sie das täten, dann würden manche (viele) Menschen früher oder später eine Gotteserfahrung haben. In dieser Erfahrung - besser gesagt Verwirklichung - löst die Persönlichkeit eine kurze Zeit auf. Man verschmilzt mit dem Letztendlichen. Es ist die Erfahrung der Einswerdung mit Demjenigen, das man letztendlich ist. Nicht nur die Persönlichkeit - mit all seinen Ich-Funktionen ist vorübergehend verschwunden, sondern auch sein sozio-kultureller Hintergrund. In dieser Zustand sind alle Vorstellungen, Konzepte und Überzeugungen aufgelöst. Auch die religiöse. Das Göttliche hat selbst den Platz der Religion eingenommen. Das heißt, wenn man "zurückkommt", man die Religion hinter sich gelassen hat. Eine wahre Religion würde diese Konsequenz ziehen. Sie würde im wahren Sinne selbstlos sein (das was sie ihren Gläubigen immer vorhalten). In der Wirklichkeit gibt es eine solche Religion nicht. Keine Religion ist so selbstlos, daß sie sichselbst überflüßig macht. Es is genau umgekehrt. Religion ist das Ritual, das verhindern soll, das die Menschen zu Gott kommen. "Jesus nachfolgen" ja, aber nicht Dasjenige sein dürfen, was er wirklich ist, nämlich das Göttliche in ihm. Ist es also verwunderlich, daß die Leute die Kirche en masse verlassen? Genau, es sind die Besten, die spüren, daß sie innerhalb der Religion Gott nicht finden können. Die Natur In den alten Zeiten betrachteten die Menschen sichselber als Teil der Natur. Sie fühlten sich verbunden mit der Erde als lebensspendende Quelle, mit allen lebenden Wesen, mit dem Kreislauf der Saisons, mit den Geheimnissen der Nacht und dem Wechsel des Mondes. In ihrem inklusiven Bewußtsein war alles mit einander verbunden. Das Universum als Ganze war das Lebensnetz, das aus der Kosmischen Gebärmutter geboren wurde und darin ständig zurückkehrte. Fruchtbarkeit und der Frau wurde eine zentrale Rolle zugemessen. Das ganze Dasein war geheiligt, denn alles war Teil des Körpers der Großen Mutter. Es wundert also nicht, daß viele - fast alle - Erscheinungen in der Natur eine besondere Bedeutung hatten. So gab es heilige Berge, heilige Brunnen, heilige Eiche und heilige Steine.Verehrung der MutterGöttin oder später auch Götter fanden oft im Freien statt. Die Bearbeitung der Erde war gegründet auf Ehrfurcht. Wie bei vielen einheimischen Völkern heute, wurde - bevor man anfing zu pflugen - die Vergebung von Mutter Erde gebeten. Auch wurde wegen der Verletzung ihr angetan, geopfert, dies um den Schaden auszugleichen. Auf die Gefahr auf Wiederholung, wird es wohl nicht zu vermeiden sein auch hier die Rolle der Kirche zu erwähnen. In ihr Bestreben alles unter ihre Kontrolle zu bringen, mußten alle bestehenden Konkurrenten ausgeschaltet werden. Verehrung der Natur war Teil der Großen Mutter Tradition oder entstammte daraus. Die Praktiken war der Kirche also ein Dorn im Auge. Also wurde schon sehr früh einen Kreuzzug gegen das "Heidentum" gestartet. Die Missionare, die in den "Barbarengebiete" drangen, wurden bald von der Kirche als Helden vorgestellt. Was sie in Wirklichkeit taten, war rücksichtslose Vernichtung aller heidnischen Gegenstände und Symbole.Wer erinnert sich nicht der "hl" Bonifacius, "Schutzherr" der Friesen? Tatsächlich hat er ihre heilige Eiche geschlagen, heilige Haine vernichtet, heilige Brunnen vergiftet und ihre Altare verwüstet. Alles was für sie heilig war, wurde ihnen genommen. So daß nur noch eine Zerrüttung übrig blieb. Nicht zu verwundern also, daß dieser "beliebter Missionar" letztendlich von den Friesen enthauptet wurde. Diejenigen, die noch am meisten ihre Beziehung zur Natur beibehalten hatten, waren die Frauen. Schließlich waren sie Vertreter der alten Mutter Religion. Es waren die Frauen gewesen die die Landwirtschaft erfunden hatten. Auch hatten sie Wissen um Heilkräuter und andere natürliche Heilmethoden bewahrt. Sie hatten bewußt oder unbewußt "geheime" Kenntnisse. Außerdem, hatte das Patriarchat "den Frauen nicht ihre Geburtsfähigkeit entnehmen können". Alles zusammen war es ein Bereich, worin Männer sich unbehaglich fühlten. Die Frauen wurden also mit größter Argwöhn entgegen getreten. Mutter Religion, Frauen und die Natur wurden nun auf einen Haufen geschmissen. Erinnern wir uns daran, daß die Große Mutter damals verteufelt wurde, letztendlich wurde Sie mit dem Teufel gleichgesetzt. Dies wurde nun der Natur übertragen. Die Natur als Werk des Teufels! Das ging soweit, daß alles was mit der Natur zu tun hatte als Anti-Christ aufgefaßt wurde. "Siehst Du einen Blüten im Frühling, vernichte es für Gott"* Es dauerte nicht lange, ob auch die Frauen direkt angegriffen wurden. Den Hexenprogromen - die viele Jahrhunderte dauerten - fielen unzählige unschuldige Frauen zum Opfer.** Die brutale Verbrennungen auf dem Scheiterhaufen werden wohl nie aus unserem kollektiven Bewußtsein verschwinden. * "Hl" Ambrosius (14. Jahrhundert) ** Und wir werden nicht müde den Islam zu kritisieren als seiende eine "barbarische Religion".... Die Gemeinschaft Zum Schluß ist hier der Einfluß des christlichen zivilisatorischen Prozesses auf die Gemeinschaft zu erörtern. Sie können sichselber die Frage stellen, was passiert wenn man einer Gemeinschaft, die tief eingebettet ist in die Große Mutter, im inhärent Göttlichen und in der Natur diese meist sakralen Lebensgebiete einfach wegnimmt. Genau, wenn man das tut, nimmt man die Lebensgrundlage weg. Glaube, Riten, Bräuche, Gewohnheiten, Spiele, Feste, Tabu's und Gegegenstände werden von einem Tag auf den anderen denunziiert und vernichtet. Stattdessen werden total fremde Überzeugungen aufgezwungen. Und: wer nicht freiwillig sich "bekehren" wollte, wurde gezwungen. Das Christentum ist im großen und ganzen eine von außen aufgezwungene Religion. Wer nicht willig war, wurde verfolgt, gefoltert bzw getötet. Lange haben sich die Menschen gewehrt. Weil jedoch die Kirche die Staatsgewalt hinter sich hatte, hatten die Menschen kaum eine Chance. Deswegen hat das Christentum, zugleich mit der Vernichtung der Religion auch die Kohärenz der traditionellen Gemeinschaft auseinandergerissen. Je größer die Desintegration, desto einfacher den "Barbaren" die neue "zivilisatorische" Werte aufzuerlegen. Es ist dieselbe Stategie die heutzutage von der "Marktwirtschaft" praktisiert wird. Je hoffnungsloser die Leute sind - durch Verlust ihrer (kulturellen, sozialen, spirituellen, psychologischen, ökologischen) Sicherheit - desto einfacher es ist sie in die Konsumsucht zu treiben. Zusammenfassung Am Ende des Mittelalters waren die Menschen total am Ende. Ihre spirituelle Regenerationskraft war völlig zusammengebrochen. Das Christentum hat ihre existentielle Grundlage vernichtet und durch die Scheinwirklichkeit des Glaubens ersetzt. Was meine ich damit? In der traditionellen Gemeinschaft hatten die Menschen einen direkten Kontakt mit der Wirklichkeit. Sie lebten in großer Verehrung zur Quelle des Lebens: die Große Mutter. Sie fühlten sich tatsächlich Teil des Ganzen, Teil des Lebensnetzes. Deswegen war für sie die Natur heilig. Später kam die Einsicht, daß auch das Göttliche - das Licht - aus der Mutter hervorkam. Seit dem Anfang des Patriarchats wurde die Mutter von der Gottheit ersetzt. Es wurde jedoch immer noch einen direkten Kontakt mit dem Göttlichen angestrebt (Mysterienschulen, Gnosis, Neu-platonismus). Zusammengefaßt lebten die Menschen "in Harmonie mit Himmel, Erde und der Gemeinschaft". Das alles änderte sich grundlegend als das Christentum auf die Bühne erschien. Um sichselber als dominante Religion durchsetzen zu können, fing die Kirche zielbewußt an alles zu zerstören, was den Menschen heilig war. Mit dem Ziel um in der allgemeinen Zerrüttung der Samen des neuen Glaubens pflanzen zu können. Etwas, das übrigens heutzutage noch immer stattfindet. Denke an die fanatische protestantische Sekten mit ihrem Missionseifer in der Dritten Welt. Statt einer existentiellen Grundlage wird eine Ersatzwirklichkeit "angeboten". Sie besteht lediglich aus Glaubensvorstellungen, die mit dem direkten Dasein nichts oder wenig zu tun haben. Man mußte glauben an einen Vatergott (mit dem wir keinen Kontakt haben konnten), an seinen Sohn, der ebenfalls Gott ist und der gestorben ist um uns zu erlösen.....Statt einen direkten Kontakt mit der Gottheit, sollten wir die Kirche als einzige Vermittler akzeptieren, ohne die kein Heil möglich sei. Allerhand Vorschriften, Regeln, Dogmen, Verboten und Strafen müssen hingenommen werden. Weil die existentielle Wirklichkeit - das verwurzelt sein in "Himmel, Erde und der Gemeinschaft - zerstört worden war, blieb als einziger Ausweg die Identifikation mit dem Ego übrig. Es markiert den Übergang zwischen Mittelalter und Renaissance. Nicht umsonst fing in der gleichen Zeit auch der Kapitalismus an (Nord-Italien, 15.Jahrhundert). Die Ego-Kultur hat sich bis zu der heutigen Tag durchgesetzt. Wir sind auf unser Selbst zurückgeworfen und haben den Kontakt mit der Wirklichkeit verloren. Wesentlich in dieser Hinsicht ist an zu erkennen, daß wir am Ende einer Entwicklung gekommen sind, die mit dem Erscheinen des Christentums begonnen hat. Ironischer kann es wohl nicht sein. Eine Religion, die selber Gott aus dem Leben der Menschen entfernt hat....Alle Vorwürfe an die "säkulieren Gesellschaft" als wäre diese verantwortlich für das Verschwinden der "Gottesfurcht" sind pure Heuchlerei. Unnötig zu sagen, daß das Christentum hier eine Hauptverantwortung trägt. Sie ist die Hauptursache der heutigen Scheinwelt, des modernen Nihilismus, des heutigen Materialismus und des Individualismus.* * "Säkularisierung" ist in erster Linie also nicht Folge einer "natürlichen" Entwicklung der Gesellschaft in Richtung Modernität, sondern die Folge einer dramatischen spirituell-kulturellen Amputation, die im Mittelalter stattgefunden hat. Unser Bestreben hat also nichts mit einer Nostalgie nach der Vergangenheit zu tun, sondern kommt aus der dringenden Notwendigkeit die Kultur nachträglich zu heilen. Es ist zu vergleichen mit Traumen im persönlichen Leben. Je früher sie stattgefunden haben, desto ernsthafter sie generell sind. Unser Hauptproblem ist also, daß wir von unseren Wurzeln abgeschnitten sind. Meine Anstrengung hat keinen anderen Zweck Dir davon bewußt zu machen. Die Lösung unserer weltweiten Krise liegt also nicht in der Zukunft. Eine Zukunft ohne die Verankerung in der Quelle ist ja wie ein Baum ohne Wurzeln. Sie entbehrt dem notwendigen Lebenssaft und wird absterben. Sie hat keine Lebenschance. Wir sollten dagegen die Ganzheit des Lebens nachstreben, indem wir den Kontakt mit dem Wesentlichen des Daseins, das in der Geschichte verlorengegangen ist, wiederherstellen. Es bedeutet Anerkennung der Großen Mutter als das Letztendliche, damit wir wieder Sinn und Geborgenheit finden bzw Abbau unserer existentiellen Angst; die Möglichkeit der Gottesverwirklichung, damit wir Bewußtsein, Lebensfreude, Mitgefühl und innere Kraft finden; die Wiederherstellung der Harmonie mit der Natur, damit wir eine Dauerhaftigkeit verwirklichen können und Heilung der Gemeinschaft, damit sich Selbstsouveränität und Solidarität entwickeln*. * Sieh auch: "TransformationsManifest für das 21. Jahrhundert". In der Paxis könnte das so vor sich gehen. Diese Zeit des Verfalls trägt nämlich eine Bedeutung in sich. Wir sollten mit dem Abbruch zusammenarbeiten! In dem Sinne, daß wir all unsere Selbstbezogenheit, Anhäufungen und Sucht "absterben lassen" um aufs Neue geboren zu werden. So verwandeln wir eine Krise in eine Chance. Um uns danach mit unserem neuen Selbst einzufügen in "Himmel, Erde und die (neue) Gemeinschaft". Nur wenn die Grundlage der Kultur wieder gesund ist, haben wir eine Chance nicht nur um zu überleben, sondern auch um eine sonnige Zukunft zu haben. Auf dieser neuen Grundlage können dann neue zukunftsorientierte Initiativen entstehen.
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